Diese Diskussionen zu Job und Sozialen Medien, die ich schrecklich ermüdend finde... (Teil 2)

Diese Diskussionen zu Job und Sozialen Medien, die ich schrecklich ermüdend finde... (Teil 2)

Nachdem ich vor einer Weile schon über das mit dem Arbeitgeber, der Facebook nach Partybildern von Bewerbern durchsucht geschrieben habe, möchte ich über ein weiteres Dauerthema schreiben, mit dem ich auch persönlich schon konkreter zu tun hatte.

2. Das mit der Nutzung von Sozialen Medien am Arbeitsplatz.

"Pass bloß auf, dass Dein Arbeitgeber nicht mitbekommt, dass Du in der Arbeitszeit auf Facebook herumschreibst."

Ja, natürlich gibt es Jobs und Situationen, in denen man sich auf die Arbeit konzentrieren muss und nicht auf Facebook oder Twitter herumklicken sollte. Das sind aber dieselben Jobs und Situationen, in denen man gerade nicht kurz mit dem Kollegen plauscht, einen Kaffee holen geht oder eine Zigarettenpause macht.

Sprich: Es geht eigentlich nicht darum, ob ich während der Arbeit in Sozialen Medien aktiv bin, sondern dass ich während der Arbeit etwas tue, wofür ich in diesem Moment eigentlich nicht die Zeit habe, wenn ich meinen Job ordentlich machen will.

Wie immer geht es also nicht um Social Media, sondern um ganz alltägliche Vernunft. Ich habe mir aber - selbst als jemand, dessen Arbeit sehr oft direkt mit sozialen Medien zu tun hat - diese Warnung von Kolleginnen und Kollegen auch schon anhören müssen...

Ist das wirklich so kritisch, wenn jeder plötzlich sehen kann, dass ich nicht ununterbrochen arbeite?

Eine der wichtigsten Erkenntnisse bei der Untersuchung, was Arbeit effizient macht ist, dass Pausen wichtig sind. Wir lesen, dass wir regelmäßig aus dem Fenster schauen sollen, wir sollen lieber häufiger kurze statt selten längere Pausen machen und wir sollen uns regelmäßig austauschen und miteinander kommunizieren, um den Kopf beweglich zu halten.

Daher werden Sofaecken in Büros gebaut, Kaffeemaschinen und Wasserspender aufgestellt, in Intranets werden Bereiche eingebaut, in denen wir Themen diskutieren, die wenig oder nichts mit der Arbeit zu tun haben (wir hatten bei der Lufthansa schon im Jahre 2000 Foren im Intranet, deren meistfrequentierte Bereiche die über Essen und Urlaubsziele waren und natürlich der Flohmarkt).

Es wurde und es wird also schon immer getratscht, politisiert, Kinderfotos gezeigt, über die Gesundheit gejammert, Sport und andere Aktivitäten geplant, neue Witze erzählt, Steuertricks ausgetauscht. Es wird auch schon immer mal eben zu Hause angerufen, um kurz was abzusprechen, eine lustige Begebenheit loszuwerden oder um mal Dampf abzulassen.

Der einzige Unterschied, wenn man das im Netz tut statt am Wasserspender zu stehen, ist: Mehr Menschen bekommen das eventuell mit.

Und da machen Menschen gerne den klassischen Projektions-Dreisprung:

  1. Die eigene Angst "Was könnten andere von mir denken?" wird übertragen auf die Kollegin, die vier Facebookeinträge am Tag veröffentlicht und schnell kommt der Gedanke: "Also ich hätte ja Angst, dass mich jemand darauf anspricht".

    2. Sie überlegen dann mögliche Szenarien für "die Anderen", die das ja eventuell kritisch betrachten könnten, also Argumente für diese Angst formuliert: "Hat die nichts zu tun?". Oder mit der Vorgesetzten-Brille: "Bezahl ich die etwa fürs herumlungern auf Facebook?"

    3. Dann kombinieren sie beides, was direkt zur Einschätzung führt: "Das was die da macht ist ja total gefährlich. Sie muss entweder ganz schön naiv oder gedankenlos sein".

Bliebe man mal bei den Fakten und bei sich, würde man schnell auf ganz andere Ergebnisse kommen: Erledigt die Kollegin ihre Arbeit? Wenn ja: Bitte weitergehen, es gibt nicht das Geringste zu sehen.

Würde ich mir bei vier mal am Tag für einige Minuten Facebook nutzen wirklich selbst Gedanken machen, ob man mich deswegen für faul hält (und eventuell lese ich ja wirklich öfter im Netz herum, ich klicke halt nur nicht auch noch auf "teilen" - ein Vorgang, der keine Minute dauert, vor allem dann nicht wenn ich das öfter und fast schon automatisch mache?)? Wohl kaum, zumindest wenn ich weiß, dass ich meine Arbeit ja gut erledige.

Sind unsere Vorgesetzten tatsächlich so misstrauisch? Und selbst wenn ja, wäre das nicht viel mehr ein generelles Vertrauensproblem und ein Anschiss wegen Facebook-Nutzung ist da nur ein Symptom? Wenn ja: Vielleicht wäre es wichtiger, sich einen anderen Arbeitgeber zu suchen.

Und vielleicht fragt man sich bei der Gelegenheit auch besser mal: Bin ich eventuell nur neidisch, das die Kollegin ihre Zeit so gut einteilen kann, dass sie Zeit für sowas hat?

Oder: Hab ich vielleicht einfach grundsätzliche Vorbehalte und Unsicherheiten gegen diesen ganzen Netzkram, dass ich ihn mit Arroganz und Vorurteilen kaschieren muss? Wenn ja: Kommunizieren hilft. Vielleicht kann genau diese Kollegin dabei helfen, mich souveräner in sozialen Medien zu bewegen und zu behaupten.


(Der Metawitz des Artikelfotos ist übrigens: Hier hänge ich nicht auf Facebook herum, sondern literally bei Facebook: nämlich in deren HQ in Dublin.)

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