Der Unterschied zwischen Mobile Marketing und dem, was eigentlich gebraucht wird

Der Unterschied zwischen Mobile Marketing und dem, was eigentlich gebraucht wird

Vor einer Weile gab es die Meldung, das Amazon Fire Smartphone sei gefloppt. Nicht nur ein bisschen. So richtig, Denn dafür, dass Millionen Menschen - auch ich - quasi täglich die Amazon-Seiten besuchen und das Fire-Phone immer wieder auf dem sichtbarsten Werbeplatz angeboten wurde, hat es am Ende niemand gekauft.

Der Grund dürfte sein, dass den Amazon-Kunden klar war (oder sie vermuten mussten), dass das Fire Phone sehr eng mit der Amazon-Umgebung verbunden sein wird. Das bedeutet, dass man sich zum Preis eines High-End Smartphones auch noch ein Marketing-Instrument von Amazon in die Tasche steckt. Für ein höchst persönliches und privates Gerät, das ein Smartphone inzwischen für viele Menschen ist, ist das allerdings nichts, dem man sich gerne und freiwillig aussetzt.

Das war zur Einführung des Fire Smartphones auch der Punkt, über den alle sprachen und dass das Gerät technisch einige wirklich innovative und interessante Features mitbrachte, fiel dagegen völlig unter den Tisch. Das hat Amazon also völlig unterschätzt. Aber warum passiert das einer Firma, der seit vielen Jahren das Paradebeispiel für perfekte Kundenbindung ist?

Von smarter Werbung, Markenbotschaften und anderen Euphemismen

Wenn wir mal einen Schritt weg von der Hardware zurücktreten und uns mal anschauen, was man generell unter "Mobile Marketing" versteht, kommt man der Antwort wahrscheinlich näher:

Kein Mensch mag Werbung!

All die Argumente, dass Werbung nur interessant oder relevant genug sein müsse, dann werde sie auch akzeptiert, sind Bullshit. Werbung - also Mitteilungen und Kommunikation die ausschließlich darauf abzielt, potenziellen Käufern ein Produkt anzupreisen oder eine Marke sichtbar zu machen - wird immer als Störung empfunden, denn: Kein Mensch schaut sich freiwillig Werbung an. Das ist ja auch der Grund, warum man sie ihm an allen möglichen Orten und Situationen, an denen er in dem Moment mehr Aufwand betreiben müsste, sie nicht zu konsumieren, mit Gewalt ins Sichtfeld halten muss.

Im Umkehrschluss - der meiner Ansicht nach hier völlig zulässig ist - bedeutet das: Wenn ein Mensch vermeiden kann, Werbung ausgesetzt zu werden, wird er das auch tun.

Deswegen funktionieren zum Beispiel Bezahl-Apps gut: Wenn ich die kostenlose Variante mit Werbung verseuche und die Menschen sie aber dennoch haben wollen, werden sie die ein zwei Euro gerne ausgeben und die werbefreie Version kaufen.

In Sozialen Medien funktioniert Werbung auch nicht, wenn man sie umbenennt oder eine "Botschaft" draus macht. Werbebotschaften gibt es nicht: Die Botschaft von Werbung ist "Das ist Werbung". Die Antwort darauf ist "Du nervst". Die Antwort wiederum darauf nennt sich inzwischen "Content Marketing", aber so lange es Marketing ist, wird der Content für denjenigen, der ihn vorgesetzt bekommt, dennoch nur Werbung bleiben.

Überzeugen durch...

Wenn Werbung also - vor allem digital - nicht funktioniert*, wie erreiche ich denn dann den gewünschten Werbeeffekt?

Gerade soziale Medien machen das eigentlich ständig vor: Durch relevante Kommunikation und sichtbaren Service. Relevante Kommunikation kann natürlich auch gerne werblich sein, bestes Beispiel ist Oreos Reaktion auf den Stromausfall beim Super Bowl. Das ist zwar "Werbung" in der Form, aber es ist eben auch eine ganz normale Beteiligung an der aktuellen Situation als ironischer Kommentar: Eine Beteiligung am laufenden Gespräch der anderen Nutzer.

Schaut man sich stattdessen das Gros der "Kommunikation" an, das sonst so von Firmenseite stattfindet, ist das überwiegend klassische Werbung: Foto, Claim (evtl noch als Hashtag verbrämt), Link. Kontextlos einfach mal rausgesendet, vor Wochen schon im Redaktionsplan eingestellt und vom Marketing angefordert bzw. abgenommen. Ohne jeden Bezug zu dem, was in einer Social Media Timeline des Empfängers gerade an Themen verhandelt wird.

Dabei wird Firmen sogar ständig Gelegenheit geboten, sich in Konversationen einzuschalten. Menschen stellen Fragen, haben Beschwerden, kommen mit Vorschlägen auf Firmen zu. Diese werden aber immer noch ignoriert, was angesichts dessen erstaunt, dass sich soziale Medien seit 10 Jahren zumindest im Punkt, warum Menschen sich dort aufhalten, nicht geändert haben: Sie wollen sich vernetzen und miteinander interagieren. Auch mit Firmen und Service- und Produktanbietern.

Warum also ein guter, sichtbarer Kundensupport nicht das Thema Nummer eins für das Social Media Marketing ist, ist daher eigentlich völlig unverständlich.

Natürlich aber auch wieder nicht, wenn man weiß, dass "Marketing" und "Support" noch immer disziplinarische und fachliche Silos sind, die innerhalb einer Firmenstruktur auch noch am weitesten voneinander entfernt sind. Oder dass Probleme am Ende immer eine Aufgabe für die PR-Abteilung sind - die aber nicht mit der Öffentlichkeit redet, sondern mit Medien.

Mobile Bullshit

Das, was Mobile Marketing den Firmen verspricht sind, wenn man sich mal die einschlägigen Quellen anschaut, die Google so anbietet, so man danach sucht, einfach nur neue Kanäle für denselben Bullshit.

Man bekommt erklärt, dass man nun seine Werbung zukünftig auch per SMS, MMS, Bluetooth, Wireless, Infrarot, Online-Suche, Mobile Ads, Mobile Videos, Apps und natürlich immer wieder QR-Codes (was, wie wir alle wissen, Katzenbabies tötet) verbreiten kann. Und dass das total super ist, weil die mobilen Devices ja diese viel persönlicheren Geräte sind, die die Konsumenten ständig bei sich tragen und man daher seine Werbung so nah an diese Menschen heran bekommt, wie es sonst nur ihre Freunde schaffen: Pushwerbung aufs Smartphone, die für den Nutzer in derselben Weise auftaucht, wie die lang erwartete Bestätigung für eine Verabredung von Freunden? Ist das nicht toll?

Warum aber - wenn wir noch mal rekapitulieren, dass wir Werbung grundsätzlich als nervig und störend empfinden - sollte ich einer Firma als Konsument das erlauben? Oder irgendwer anderes?

Und weil das am Ende niemand tut, ist das Amazon Fire Phone gescheitert, so wie "Mobile Marketing" scheitern wird, wenn es am Ende doch nur wieder die Verbreitung von Werbung ist.


*natürlich funktioniert Werbung. Aber man braucht nicht so zu tun, als ob es etwas anderes wäre als eben Werbung.