Trends heute sind anders als Trends früher

Trends heute sind anders als Trends früher

und das führt zu einem massiven Missverständnis, daher möchte ich ein bisschen Social Media Kunde geben:

Immer wieder gibt es ja "Trends", wo wir uns wundern, wieso sich die verbreiten und auf die stoßen wir entweder selbst auf Social Media Plattformen oder Medien berichten darüber, dass das gerade das neue Ding auf Social Media Plattformen ist.

Was dahinter steckt ist, dass "etwas trendet" in der heutigen Medienlandschaft was anderes ist und was anderes aussagt als "etwas ist ein Trend" früher. Das Problem wenn man das nicht weiß ist, dass man einen Fehlschluss zieht.

Früher waren Trends Dinge, die den Mainstream beeinflusst haben, weil ein Verhalten oder eine Mode oder eine Ansicht sich bei den Menschen verbreitet und durchgesetzt hat. Medien sprachen dann von einem Trend, wenn er plötzlich überall sichtbar wurde. Diese Trends waren Strömungen, die tatsächlich einen signifikanten Gruppendruck erzeugen konnten - die richtigen Klamotten in der Schule, welche Musik "in" war oder auch, welche Verhaltensweisen sich veränderten und die man mitmachen musste, wollte man dazu gehören.

Das ist auch gar nicht verschwunden sondern gibt es heute auch noch, aber es gibt eben heute auch eine andere Art von "Trend" - die dummerweise denselben Namen bekommen hat -, die aber völlig anders funktioniert.

Diese (Social Media-)Trends entstehen in der umgekehrten Reihenfolge: hier werden Dinge, die weit außerhalb des Mainstream passieren, zuerst medial sichtbar gemacht und damit zum "Trend" erklärt: Denn der Algorithmus zeigt uns Dinge, die wegen ihrer schieren Oddity enorm viel "Engagement" verursachen.

Daher ziehen Menschen, die eine andere Medienkompetenz gelernt haben, gerne den Fehlschluss, dass es bei "Trends" wie zB derzeit die "tradwife" Videos, um etwas geht, was gerade in den Mainstream hinein wächst oder wofür sich Zustimmung verbreitet - also das, was früher halt mit Dingen passiert ist, wenn die "trendy" waren.

Das ist aber nicht so: Der "Trend" heute ist eine (algorithmisch geführte) erhöhte Aufmerksamkeit für Extreme. Er basiert nicht auf Zustimmung sondern auf Ablehnung.

In Wirklichkeit begaffen wir hier also einen Unfall und der Algorithmus ändert die Verkehrsführung so, dass wir auf jeden Fall schön langsam dran vorbeifahren um ihn uns auch wirklich gut ansehen zu können, statt ihn zu vermeiden.

Das heißt aber halt nicht, dass es jetzt mehr Unfälle gibt oder die allgemeine Bereitschaft steigt, auch Unfälle zu verursachen.

Das, was in dieser Form als "Trend" bezeichnet wird, zeigt uns also nicht den neuen Mainstream an sondern die Ausnahmen davon. Je weiter weg vom Mainstream, desto "trendiger".

Es geht mir nicht so sehr darum, das zu bewerten. Es ist halt so wie es ist. Ich finde aber wichtig, dass wir medienkompetent genug sind, um den Unterschied erkennen, welchen diese beiden völlig unterschiedlichen Phänomene wir grade vor uns haben, wenn Medien mal wieder von einem Trend sprechen. Oft genug ist es nämlich so, dass sie uns den Zweiteren als Ersteren verkaufen.