Nur wer richtig zielt, kann auch was treffen

Was auf Präsentationsfolien für CEOs immer gut aussieht, sind Erfolgszahlen. Möglichst solche, die gelernte KPIs abbilden. Also Werte, die steigen oder sinken: Fan- und Followerwachstum, Talkabout-Rate, Conversions, Bewertungen, und das alles noch im Vergleich zu den Mitbewerbern...

Vielleicht gibt es deswegen so viele Analysetools, die am Ende doch alle dieselben Ergebnisse liefern. Mal mit mehr Details links oder rechts, mal mit schönerer Auswertungsgrafik, aber doch alle mit dem Fokus auf immer dieselben Zahlen. Das Prinzip kann sich jeder individuell auf Klout anschauen: Relevant ist der mit dem höchsten Output, den meisten Followern, den häufigsten Retweets, den meisten Likes und den meisten Kontakten (von denen wiederum die mit dem höchsten Klout-Score mehr zählen als die mit niedrigerem).

Den größten Schwanz haben? Soll das ernsthaft Ihr Ziel sein?

Wenn das Ziel ist, einfach die meisten Follower zu haben, dann funktionieren diese Messinstrumente prima.

Das Dumme ist nur: Das ist normalerweise nicht das Ziel. Und wenn es das ist, dann ist es ein völlig irrelevantes Ziel, denn es befriedigt nur die eigene Eitelkeit. Es zeigt aber weder Kompetenz, noch Qualität noch Kreativität. Es beweist bei Firmen nicht, dass sie ein gutes Produkt haben, es zeigt nicht auf, ob andere Menschen mit den Leistungen zufrieden sind, es berücksichtigt nicht ob Auftreten, Tonalität, Persönlichkeit authentisch sind. Es ignoriert alle wichtigeren Fragen nach Relevanz, außer der nach Sichtbarkeit.

"Bekannt sein" ist aber nicht gleich "beliebt sein".

Sichtbarkeit ist eine Voraussetzung

Nichts gegen Sichtbarkeit. Sie ist wichtig. Aber sie ist kein Ziel, sondern die Grundlage für Kommunikation. Ohne ein Kommunikationsziel führt die Kommunikation, die ich darin führe, nirgendwo hin.

Kommunikationsziele sind - und daher sind die mit den vielen Standard-Analysetools da draußen auch schwer zu messen - individuell. Sie leiten sich aus der Gesamtstrategie ab (ein Grund, warum es eigentlich keine "Social Media Strategie" gibt - wieso sollte die denn auch anders sein, als meine grundsätzliche Strategie?) und formulieren einen Anspruch.

Geh mir weg mit dem Emo-Scheiß

"Ja, klar.", sagt der Sales-Chef da. "Jetzt kommt der Berater mit so Wischiwaschi-Wohlfühl-Sprüchen. Die kann man nicht messen. Verkaufszahlen kann man messen und nur die zählen am Ende des Tages."

Wenn diese Einschätzung von Beratung kursiert sollte man nicht drüber lachen. Das hat sicher einen Grund. Da sollten sich Berater ruhig mal Gedanken drüber machen, denn es bedeutet, dass sie ihren Job nicht gut gemacht haben: Nämlich den, valide, messbare und relevante Ziele mit ihren Kunden zu entwickeln.

Ok, und was sind jetzt gute Ziele?

Gute Ziele für die eigenen Social Media Aktivitäten sind solche, die eine verifizierbare, qualitative Aussage formulieren: Nicht "Sichtbarkeit", sondern in seiner besonderen Eigenschaft erkannt zu werden. Nicht "mehr Kunden", sondern mehr "zufriedene Kunden". Nicht die Sendeleistung sondern die Breite und Qualität der Kommunikation.

Erst wenn es solche Ziele gibt kann man die Frage beantworten, wie ich mich anhören will und worüber ich sprechen will. Die authentische Persona, die richtige Tonalität, den relevanten Content, die gewünschten Zielgruppen, vielleicht auch mal die Auswahl des richtigen Kanals (eine Kommunikation hängt normalerweise nicht davon ab, wo ich kommuniziere) und viele andere Eckpunkte eines Kommunikationsplanes kann man erst beantworten, wenn man weiß, was man damit erreichen will.

Und selbstverständlich ist sehr gut messbar, ob die Kommunikation diese Ziele erreicht oder nicht. Mehr noch: Man kann, wenn man auf dieser Basis einen ehrlichen Dialog mit seinen Kunden führt, sogar das Raten aufhören, woran es liegt, dass man nicht so wahrgenommen wird wie man glaubt.

Vielleicht ist das aber der eigentliche Grund, warum es so wenige machen, denn es ist natürlich viel einfacher, seinem CEO wachsende Like-Kurven zu zeigen als zu erklären, dass das Ziel, die zufriedensten Kunden zu haben, daran scheitert, dass der Support überlastet ist.